Mittwoch, 24. Juni 2009

Der Tod des Demonstranten


Stell dir vor, es gibt ein Denkmal, und keiner guckt hin. Bestimmt 5000mal bin ich an der Stelle schon vorbeigefahren, weil sie an meiner täglichen Route ins Berliner Stadtzentrum liegt. Bemerkt habe ich von dem Denkmal Der Tod des Demonstranten (rechts in Nahaufnahme) nie etwas. Erst die Berichte zum 2. Juni 2009 (siehe meinen Eintrag 2. Juni, der 42.) machte mich auf die Existenz dieser Erinnerungsstele neben der Deutschen Oper aufmerksam. Das Relief stammt von dem österreichischen Künstler Alfred Hrdlicka und will an den Tod des Studenten Benno Ohnesorg erinnern, der ganz in der Nähe ums Leben kam, als er am 2. Juni 1967 gegen den Schah von Persien demonstrierte.

Erstmals in meinem Leben habe ich gestern auf dem Weg in die Innenstadt angehalten und mir das Denkmal aus der Nähe angesehen (hier sind ein paar Fotos). Überzeugt hat es mich nicht. Der Standort ist lausig. Die Erinnerungstafel ist unlesbar. Die Bildsprache ist gestrig. Falls Sie es nicht erkennen: Zwei Polizisten halten einen fast nackten Demonstranten kopfüber an den Beinen, als wollten sie ihn in einen Brunnen fallen lassen. Die Polizisten sehen aus wie die auf den schrecklichen Bildern von 2009 aus Theheran (auf "Lizas Welt" gibt es das Fotos dazu), Berliner Polizisten von 1967 hatten noch keine Kampfmonitur mit Schutzhelm, sondern trugen einen Tschako. Der Text auf der Tafel, der sich vor Ort nicht mehr lesen lässt, lautet:

Am 2. Juni 1967 wurde der Student Benno Ohnesorg im Hof des Hauses Krumme Straße 66 während einer Demonstration gegen den tyrannischen Schah des Iran von einem Polizisten erschossen. Sein Tod war ein Signal für die beginnende studentische und außerparlamentarische Bewegung, die ihren Protest gegen Ausbeutung und Unterdrückung besonders in den Ländern der Dritten Welt mit dem Kampf um radikale Demokratisierung im eigenen Land verband.
Unter diesem Eindruck schuf Alfred Hrdlicka 1971 das Relief
Der Tod des Demonstranten
Dezember 1990
Benno Ohnesorg hätte etwas Bessere verdient als ein unsichtbares Denkmal und die Erinnerung an die Ereignisse des 2. Juni 1967 etwas Sinnvolleres als einen unscharfen Text. Stell dir vor, es gäbe ein neues Denkmal zum 50. Jahrestag und jeder guckte hin. Das wäre gut, auch weil wir heute mehr wissen als gestern und die neuen Erkenntnisse bis 2017 sicher intelligent verarbeitet haben werden.
 

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