Sonntag, 23. Februar 2020

Die Ausstellung „Ungesühnte Nazijustiz“ 60 Jahre danach


Dem Initiator Reinhard Strecker widerfährt 2020 die späte Genugtuung der Anerkennung seiner Leistung von 1960


Vor 60 Jahren, am 23. Februar 1960, es war ein Dienstag, eröffnete unter dem Titel „Ungesühnte Nazijustiz“ in Berlin-Charlottenburg eine Ausstellung, deren Vernissage eigentlich in Berlin-Dahlem hätte stattfinden sollen: in den Räumlichkeiten der Freien Universität Berlin (FU Berlin). Denn es waren Studenten der FU Berlin, die diese Ausstellung vorbereitet hatten und sie an ihrer Universität zeigen wollten. Das untersagte der Rektor jedoch, und deshalb mussten die Initiatoren der Ausstellung, die allesamt dem Sozialistischen Deutschen Studentenbund (SDS) entweder angehörten oder ihm nahestanden, auf einen anderen Standort ausweichen.

Plakat der Ausstellung „Ungesühnte Nazijustiz“. Die Galerie Springer befand sich einst am Kurfürstendamm 16 in Berlin-Charlottenburg. Vom 23. Februar 1960 bis zum 4. März 1960 war dort laut Plakat elf Tage lang die Ausstellung „Ungesühnte Nazijustiz“ zu sehen – laut Tageszeitung Der Kurier sogar genau zwei Wochen lang bis 7. März 1960. (Das Jahr 1960 war ein Schaltjahr mit einem 29. Februar.) Zeitzeugen bestätigen die Richtigkeit der Angabe einer 14-tägigen Ausstellungsdauer vom 23. Februar 1960 bis 7. März 1960.
Die Galerie Springer zog Ende der 1960er-Jahre in die nahegelegenen Fasanenstraße 13 um und schloss dort nach rund 30 Jahren 1998 ihre Pforten. Im selben Jahr 1998 zog die Springer & Winckler Galerie aus Frankfurter am Main nach Berlin in die legendären Räume Rudolf Springers um: „Seit 2012 wird die Galerie von Heide und Robert Springer unter dem traditionsreichen Namen Galerie Springer Berlin geführt“, heißt es auf der Website der Galerie










Das war nicht einfach; denn der Rektor der FU Berlin hatte nicht aus eigenem Antrieb gehandelt, sondern auf massiven politischen Druck, den der Berliner Senat auf ihn ausgeübt hatte und auf jeden ausüben würde, der seine Räumlichkeiten der Ausstellung „Ungesühnte Nazijustiz“ zur Verfügung stellte. Die Ausstellungsmacher um den Indogermanistik-Studenten Reinhard Strecker fanden schließlich jemanden, der sich einer Verhinderung der Ausstellung widersetzte: Rudolf Springer. Der Galerist stellte die Räume seiner Galerie Springer zur Verfügung, die sich damals am Kurfürstendamm 16 befanden, im Hinterhof des Gebäudes, das auf der Nordseite des Kudamms an der Ecke zur Joachimsthaler Straße lag, zwischen Café Kranzler und Gedächtniskirche, gleich neben dem damals so beliebten Kino Gloriapalast.

60 Jahre danach: In der Villa Oppenheim, dem Sitz des Museums Charlottenburg-Wilmersdorf, erinnert die Veranstaltung „Ungesühnte Nazijustiz“. Geschichten einer Ausstellung am 19. Februar 2020 an die Eröffnung der legendären Ausstellung in der Galerie Springer am 23. Februar 1960. Am Pult Dr. Michael Kohlstruck, der Vortragsredner des Abends. Kohlstruck gehört zu den allerersten überhaupt, die in der zweiten Hälfte der 1990er-Jahre begannen, die außerparlamentarischen Aktivitäten der Jahre 1959 bis 1962 gegen die „Ungesühnte Nazijustiz“ wissenschaftlich zu untersuchen und ihre Erkenntnisse in akademischen Publikationen zu veröffentlichen.

Wie couragiert der Galerist Rudolf Springer mit seiner Entscheidung war, der unerwünschten Ausstellung „Ungesühnte Nazijustiz“ Domizil zu gewähren, wird im Nachhinein deutlich: Der Berliner Senat hatte sogar versucht, die Eigentümerin des Hauses zu bewegen, die Räumlichkeiten der Galerie Springer zu kündigen, um die Ausstellung zu verhindern. (Dies und vieles weitere Wissenswerte ist dem ausführlichen Wikipedia-Eintrag Ungesühnte Nazijustiz zu entnehmen. Dort ist nicht das oben gezeigte Ausstellungsplakat, sondern ein anderes abgebildet: Die „Ungesühnte Nazijustiz“ sollte im März 1960 noch ein zweites Mal in Berlin-Moabit, Stendaler Str. 5, zu sehen sein. Diese zweite Ausstellung ist weniger bekannt und stand auch unter keinem guten Stern: Am Montag, dem 21. März 1960, eröffnet, war sie bald weniger umfangreich als die erste in Berlin-Charlottenburg, weil kurz nach der Eröffnung Exponate, die noch in der Galerie Springer zu sehen waren, entfernt und für eine anschließende Ausstellung in die Niederlande verbracht wurden. Das damalige Kuddelmuddel beschreibt Stephan Alexander Glienke in seinem weiter unten zitierten Standardwerk Die Ausstellung „Ungesühnte Nazijustiz“ (1959–1962), Seiten 136ff.)

Wer war der Berliner Senat, diese Ausstellung zu verhindern, und was war 1960 so anstößig an der „Ungesühnten Nazijustiz“?

Im Rückblick nur schwer zu verstehen: Dem Senat von Berlin stand im Jahr 1960 Willy Brandt (SPD) als Regierender Bürgermeister vor, assistiert von Franz Amrehn (CDU) als Bürgermeister. Sozialdemokraten und Christdemokraten bildeten eine Große Koalition – ohne Opposition. Denn nur SPD und CDU waren im Abgeordnetenhaus von Berlin vertreten, seit die FDP bei der Wahl von 1958 an der Fünfprozenthürde gescheitert war. Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) hatte 1958 in Berlin (West) sogar die absolute Mehrheit der abgegebenen Stimmen erhalten und hätte ohne Koalition mit der Christlich Demokratischen Union (CDU) allein regieren können. Kurz: In West-Berlin hatten damals Sozialdemokraten das Sagen. Und das sagten sie zur Ausstellung „Ungesühnte Nazijustiz“:

Das Vorhaben sei ein „Akt öffentlicher Agitation zugunsten sowjetzonaler Stellen“, um das „Ansehen der Justiz als tragendem Pfeiler der öffentlichen Ordnung“ zu beschädigen. Alle beschuldigten Angehörigen der West-Berliner Justiz seien schon überprüft worden. Die Veranstalter hätten die Aufforderung zur Übergabe ihrer Unterlagen bisher nicht befolgt. [...] Die Veranstaltung falle dem Regierenden Bürgermeister Willy Brandt (SPD) in einer politisch schwierigen Zeit in den Rücken. Nachdem [...] die Ausstellung in der Galerie eröffnet worden war, forderte der Senat die West-Berliner Lehrer auf, sie nicht zu besuchen.
(Zitiert nach Wikipedia, die sich in diesem Absatz auf das Standardwerk von Stephan Alexander Glienke als Quelle stützt: Die Ausstellung „Ungesühnte Nazijustiz“ (1959–1962). Zur Geschichte der Aufarbeitung nationalsozialistischer Justizverbrechen, erschienen 2008 im Nomos Verlag und weiterhin im Angebot.)

Wandtafel zur Ausstellung „Ungesühnte Nazijustiz“ im Museum Charlottenburg-Wilmersdorf in der Villa Oppenheim, Schlossstraße 55, dort aufgenommen vor einer Abendveranstaltung über die Ausstellung am 19. Februar 2020 und noch zu sehen bis zum Ende der Berliner Schulferien am 19. April 2019. (Nachsatz vom 16. März 2020: Das Museum wird wie alle öffentlichen Kultureinrichtungen wegen der Corona-Pandemie bis 19. April 2020 geschlossen bleiben.)

Die Ausstellung „Ungesühnte Nazijustiz“, deren Eröffnung sich am heutigen Sonntag, dem 23. Februar 2020, zum 60. Mal jährt, war acht Jahre vor Achtundsechzig ein erster Frontalangriff auf das damalige politische Establishment der Bundesrepublik Deutschland (CDU, FDP und SPD – in dieser Reihenfolge im Bund staatstragend), das sich auch 15 Jahre nach Kriegsende noch dagegen wehrte, die Staatsverbrechen der Jahre 1933 bis 1945 gerichtlich zu ahnden und die dafür Verantwortlichen, die nach wie vor zu Tausenden als Verwaltungsjuristen und Richter im Staatsdienst tätig waren, zur Rechenschaft zu ziehen.

Einhundert dieser Staatsdiener griff die von Reinhard Strecker kuratierte und vom Sozialistischen Deutschen Studentenbund (SDS) kommunizierte Ausstellung namentlich an. Die SPD, deren Studentenverband der SDS 1960 noch war, denunzierte die Ausstellung als DDR-gesteuert, versuchte sie mit allen Mitteln zu verhindern und rächte sich, nachdem ihr dies misslang, im Folgejahr: 1961 fasste die SPD einen Unvereinbarkeitsbeschluss und schloss SDS-Mitglieder und -Sympathisanten aus der Partei aus. Es ist dies die gleiche Sozialdemokratische Partei Deutschlands, die in ihrer aktuellen Kampagne vom Februar 2020 unter dem Slogan „Für uns gilt seit 156 Jahren: Kein Fußbreit dem Faschismus!“ auf ihrer Parteiwebsite Mitglieder wirbt.

Für die SPD des Jahres 1960 allerdings war „antifaschistische Aufklärungsarbeit“ (so würdigte die SPD Reinhard Streckers Engagement nachträglich im Jahr 2015) ein Ausschlussgrund aus der Partei. So hatte die SPD Ende 1959, gleich nach der Premiere der Ausstellung „Ungesühnter Nazijustiz“ in Karlsruhe (unten mehr dazu), die an dieser ersten Schau vom 27. November 1959 beteiligten SPD-Mitglieder aus der Partei ausgeschlossen. (Dieser Ausschluss betraf die Karlsruher SDSler, die zugleich SPD-Mitglieder waren, nicht den Berliner Reinhard Strecker, der Ende 1959 noch kein SPD-Mitglied war. Erst mit Wirkung vom 1. Januar 1960 trat er zu Beginn des Jahres der Partei bei, wie der Berliner Historiker Siegfried Heimann 2017 in seinem Aufsatz Reinhard Streckers Kampf gegen die „willfährigen Diener“ klarstellte.) Anstoß nahmen Willy Brandts Sozialdemokraten 1960 an der Tatsache, dass Vertreter ihres Studentenverbands es gewagt hatten, auch in Ländern des Ostblocks auf Quellensuche nach Dokumenten zu gehen. So war Reinhard Strecker nach Warschau gereist, um in dortigen Archiven zu suchen, und er hatte sich auch Unterlagen in Ost-Berlin besorgt, das damals noch ohne Mauer nur eine S-Bahnstation entfernt lag.

Eine Studentengruppe von Mitgliedern und Sympathisanten des SDS an der FU Berlin prüfte alle Ost-Dokumente sorgfältig, zu ihnen gehörte auch die spätere Mitgründerin des Kinos Arsenal, Erika Gregor. (Im Perlentaucher beleuchtete ich dessen Namensgebung im November 2017.) Tatsächlich bestätigte Generalbundesanwalt Max Güde bereits 1960 die Echtheit aller einhundert Fälle von „Ungesühnter Nazijustiz“. Die Umdeutung dieser „antifaschistischen Aufklärungsarbeit“ (SPD 2015) als „Agitation zugunsten sowjetzonaler Stellen“ (SPD 1960) erwies sich schon zu ihrer Zeit als haltlos. Sie stigmatisierte den Initiator jedoch nachhaltig, was auch deshalb leicht möglich war, weil die DDR-Propaganda die „Ungesühnte Nazijustiz“ politisch instrumentalisierte, erst recht in den Jahren nach dem Mauerbau, nicht zuletzt mit dem Braunbuch: Kriegs- und Naziverbrecher in der Bundesrepublik von 1965. Heute, da Deutschland nicht mehr zwei verfeindete Establishments hat, sondern nur noch ein sich einiges, liegen Instrumentalisierung der einen und Stigmatisierung der anderen in einer Hand.

Nach einem Vortrag aus Anlass des 60. Jahrestages der Eröffnung der Ausstellung „Ungesühnte Nazijustiz“ in Berlin-Charlottenburg: Reinhard Strecker (Mitte), der Initiator der legendären Ausstellung, Michael Kohlstruck, der Vortragsredner des Abends und Dozent am Zentrum für Antisemitismusforschung der TU Berlin, und Heike Hartmann, die Leiterin des Museums Charlottenburg-Wilmersdorf in der Villa Oppenheim. Dort fand die Veranstaltung zur Erinnerung an die Ausstellung „Ungesühnte Nazijustiz“ am 19. Februar 2020 statt.





Den 60. Jahrestag dieser folgenreichen Ausstellung nahm das Museum Charlottenburg-Wilmersdorf in der Villa Oppenheim nun zum Anlass einer Abendveranstaltung zur Erinnerung an die Ausstellung von 1960 und zur Würdigung ihres Spiritus Rectors Reinhard Strecker. Michael Kohlstruck, der Redner am Abend des 19. Februars 2020, gab seinem Vortrag den Titel „Ungesühnte Nazijustiz“. Geschichten einer Ausstellung und erinnerte an das Hin und Her, das der Eröffnung der legendären Ausstellung in der Galerie Springer am 23. Februar 1960 vorausgegangen war.

Es war eine sehr gut besuchte Abendveranstaltung, voll bis auf den letzten Platz, und am Ende verabschiedete das Publikum Reinhard Strecker mit großem Applaus. Dr. Michael Kohlstruck sprach 52 Minuten über die Ausstellung „Ungesühnte Nazijustiz“ – ein ganz ausgezeichneter Vortrag, der das Wirken Reinhard Streckers und die Wirkung der Ausstellung und der begleitenden Aktivitäten anschaulich nachzeichnete. Er schloss mit der Erwähnung der späten Würdigung und Anerkennung, die Reinhard Strecker in den letzten Jahren zuteil wurde – 55 Jahre nach der heftig angefeindeten Ausstellung hatte er 2015 das Bundesverdienstkreuz erhalten.

Anschließend moderierte die Leiterin des Museums, Heike Hartmann, eine etwa 20-minütige Publikumsdiskussion, bei der auch Reinhard Strecker das Wort ergriff und die Wirkung der Ausstellung unterstrich. Im Eingangsbereich der Villa Oppenheim befindet sich zudem noch bis zum 19. April 2020 eine Wandtafel mit Bildern und Informationstexten zur Ausstellung, die seinerzeit – dem faksimilierten (und oben abgebildeten) Veranstaltungsplakat zufolge – elf Tage lang vom 23. Februar bis zum 4. März 1960 in der Galerie Springer am Kurfürstendamm zu sehen war. (Das Jahr 1960 war ein Schaltjahr mit einem 29. Februar.) Tatsächlich dauerte die Ausstellung genau 14 Tage von Dienstag, dem 23. Februar 1960, bis zum Montag, dem 7. März 1960. Das bestätigen Zeitzeugen, worauf auch der erwähnte Eintrag auf Wikipedia hinweist:

Die Berliner Tageszeitungen berichten am 24. Februar 1960 von der Eröffnung am Vortag, so Der Kurier in einem namentlich gezeichneten Beitrag von Dr. Erika Altgelt: „Die Schau wurde gestern eröffnet. Sie ist bis zum 7. März mittwochs, sonnabends und sonntags von 10 bis 22 Uhr geöffnet, an den anderen Tagen von 10 bis 17 Uhr. Selbstverständlich ist der Eintritt frei.“

Der freie Eintritt war den Initiatoren wichtig; denn „selbstverständlich“ wäre der Eintritt auch frei gewesen, hätten sie ihre Ausstellung wie ursprünglich vorgesehen in den Räumlichkeiten der Freien Universität Berlin zeigen können. Kein Nachfolger des damaligen Rektors der FU Berlin hat je zu dem Kotau vor dem Berliner Senat Stellung bezogen, die geplante Ausstellung auf dessen Betreiben in seinen Räumlichkeiten zu untersagen. (Als Alumnus dieser meiner Universität erkenne ich hier etwas, das fehlt, akademisch gesprochen ein Desiderat der Erinnerungskultur.)

Ein Nachfolger Willy Brandts indes hat sich im Namen der deutschen Sozialdemokratie gegenüber Reinhard Strecker erklärt: Sigmar Gabriel. Als er Bundesvorsitzender der SPD war, schrieb er am 17. Oktober 2014 einen persönlichen Brief an den zu Brandt-Zeiten als „bekanntlich im Dienste Pankows“ stehend gebrandmarkten Initiator der Ausstellung und sprach ihm „in der Nachbetrachtung“ Dank „und den höchsten Respekt“ für sein „Engagement gegen Vergessen“ aus. Den Worten des Vorsitzenden folgte im August 2015 die Tat: Bundespräsident Joachim Gauck zeichnete Reinhard Strecker mit dem Bundesverdienstkreuz aus. Bundesjustizminister Heiko Maas begründete die Verleihung des Verdienstkreuzes am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland:

Mit seiner legendären Ausstellung „Ungesühnte Nazijustiz“ hat Reinhard Strecker 1959 in privater Initiative das getan, was die westdeutsche Nachkriegsjustiz viel zu lange versäumt hat: die Täter in den eigenen Reihen zu ermitteln und anzuklagen.

Während der Nazi-Diktatur haben unzählige Richter und Staatsanwälte an der Entrechtung, Verfolgung und Ermordung von Unschuldigen mitgewirkt. Die große Mehrheit von ihnen wurde dafür niemals zur Rechenschaft gezogen und konnte ab 1949 ihre Karriere in der jungen Bundesrepublik nahtlos fortsetzen.

Reinhard Strecker hat für sein Engagement viele Anfeindungen erlitten und Hass ertragen müssen. Dieser Orden ist ein spätes Anerkennen seiner wichtigen Arbeit.
(Quelle: Website der SPD Tempelhof-Schöneberg, deren Mitglied Reinhard Strecker seit 60 Jahren ist.)

Das Jahr 1959 bezieht sich auf die Premiere der Ausstellung: Die „Ungesühnte Nazijustiz“ war zuerst am 27. November 1959 in Karlsruhe zu sehen, dem Sitz des Bundesverfassungsgerichts. Am 27. November 2019 würdigte die Stadt Karlsruhe das Jubiläum mit der Veranstaltung Ausstellung „Ungesühnte Nazijustiz“ vor 60 Jahren in Karlsruhe und einem Vortrag von Dr. Stephan Alexander Glienke, dem Autor des oben genannten Standardwerks zur Geschichte dieser Ausstellung.

Es war dieses Jahr 1959, das zu guter Letzt auch die Berliner SPD 60 Jahre später zum Anlass nahm, Reinhard Strecker im Jahr 2019 mit der Ehrenurkunde des SPD Landesverbands Berlin zu würdigen: In dessen Namen dankte der Landesvorsitzende Michael Müller am 26. Oktober 2019 Reinhard Strecker „für sein besonderes Engagement als Initiator der historischen Ausstellung ‘Ungesühnte Nazijustiz’“. So schließt sich nach 60 Jahren ein Kreis, der so viele Anfeindungen sah und so viele Verletzungen einschloss.

Reinhard Strecker ergreift das Wort. Aufgenommen in der Villa Oppenheim bei der Diskussion nach dem Vortrag aus Anlass des 60. Jahrestages der Eröffnung der Ausstellung „Ungesühnte Nazijustiz“ am 19. Februar 2020.



Was für ein Glück, dass der 1930 Geborene und spät Geehrte in seinem 90. Lebensjahr die Genugtuung erlebt, vor 60 Jahren das Richtige gesagt und getan zu haben.

Alle Fotos vom 19. Februar 2020 © Dr. Rainer Bieling

Lektürehinweise

Zur Ausstellung „Ungesühnte Nazijustiz“ und zur Person Reinhard Strecker gibt es zwei Bücher, beide noch im Buchhandel erhältlich:

Stephan Alexander Glienke: Die Ausstellung „Ungesühnte Nazijustiz“ (1959–1962). Zur Geschichte der Aufarbeitung nationalsozialistischer Justizverbrechen. Nomos, Baden-Baden 2008. 350 Seiten, 59 Euro.

Gottfried Oy, Christoph Schneider: Die Schärfe der Konkretion. Reinhard Strecker, 1968 und der Nationalsozialismus in der bundesdeutschen Historiografie. Westfälisches Dampfboot, Münster 2013, 2. korrigierte Auflage 2014. 250 Seiten, 24,90 Euro.

Ferner gab es aus Anlass der 60. Wiederkehr der Eröffnung der Ausstellung „Ungesühnte Nazijustiz“ am 23. Februar 1960 eine Würdigung dieses Ereignisses aus der Feder der Historikerin Sabine Lueken; sie erschien unter dem Titel Lehrer durften nicht hingehen in der Wochenendausgabe der Tageszeitung junge Welt vom 22. und 23. Februar 2020 auf Seite 11 und ist für Leser der Berliner Freiheiten hier online verfügbar.


2 Kommentare:

  1. Ein sehr schöner Veranstaltungsbericht, lieber Herr Dr. Bieling!:-) Da das Jahr 2020 gerade erst begonnen hat, verstehe ich den Untertitel als positives prophetisches Wort und möchte gern und fröhlich unterstützen, dass eine ähnliche Veranstaltung in diesem Jahr auch an der FU bald kommt und wir auch noch ein- bis zwei öffentliche, mehrsprachige Gedenkzeichen zur Ausstellung UNJ im öffentlichen Raum Berlins enthüllen können, und zwar auch mit studentischer Partizipation und einem Grußwort der Senatsjustizverwaltung :-)

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  2. Lieber Rainer
    danke für deinen unermüdlichen Einsatz. Inzwischen ist die Geschichte von der ersten Frau meines Vaters Marianne Golz-Goldlust immer mehr bekannt. Ich habe das Buch zu ihrem Leben und Tod gerade als kostenlose Download auf meine Webseite gestellt: www.rgolz.de/d-marianne.html
    Gruß
    Ronnie

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