WELT Online am 30. Januar 2013, Aufmacher Kommentare. |
Felix Britannia. Glückliches
Britannien, du hast ein Parlament, eine Regierung und eine Opposition. Die
Opposition ist gegen die Regierung, weil die Regierung nicht bedingungslos für
Europa ist. Der Premierminister, David Cameron, sagt, Europa entwickle sich in
die falsche Richtung, zu mehr Staat, und den Euro, den wolle er schon gar
nicht. Aber er werde beitragen, die EU zu verbessern: mehr Wettbewerb, mehr
Innovation, kurz: Ertüchtigung von Märkten statt Ermächtigung des Staates. Am
Ende solle die Bevölkerung entscheiden, ob sie eine erneuerte EU mitgliedswert
finde oder nicht.
Povera Germania. Armes Deutschland, du
hast ein Parlament, eine Regierung, aber keine Opposition. Die Opposition ist
für die Regierung, weil die Regierung bedingungslos für Eurorettung ist. Aus
Sicht der Opposition könnte die Regierung noch bedingungsloser retten, als sie
es tut. Sie sollte Krisenländern die alten Schulden erlassen und neue
erleichtern: durch Eurobonds. In Deutschland steht die Opposition hinter der
Regierung – um sie anzutreiben: mehr Staat, mehr Aufsicht, mehr
Vergemeinschaftung, kurz: mehr Europa. Widerspruch wird weggemobbt. „Dissidenten“
nennen sie im Parlament jene Parlamentarier, die der Eurorettung die Stimme verweigern.
Felix Britannia. Wahrscheinlich stellst
du dir Brüssel als eine Krake vor, die ihre Beute erdrückt und dabei entleert. Zweiseitigkeit
des Zugriffs: Das Erdrücken ist die politische Operation der Unterwerfung, das Entleeren
die ökonomische Operation der Enteignung – Eurorettung durch Umverteilung des
Volksvermögens. Das erstere dient dem zweiten: It’s the economy, stupid. David
Cameron, der keine Allmacht einer Zentrale will, belässt es bei seiner EU-Kritik
eben nicht bei der Plattitüde der kafkaesken Bürokratie. Er kritisiert die
schleichende Zerstörung der Marktwirtschaft durch Staatsinterventionismus.
Reichstag im Dämmerlicht. Keine Opposition in Sicht. |
Zum besseren Verständnis der in meinem Text nur angedeuteten Mechanismen der Europäischen Umverteilung (EU) empfehle ich die vorzüglichen Beiträge der Professoren Bagus, Konrad und Sinn in der aktuellen Ausgabe unseres Informations- und Hintergrunddienstes DER HAUPTSTADTBRIEF.
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