Freitag, 1. Februar 2013

Israel nach der Wahl: Umfeld so schwierig wie vor der Wahl

Richard Herzinger spricht. Am 31. Januar 2013.

Israel nach der Wahl war als Vortrag von Eldad Beck von der israelischen Tageszeitung Yedioth Ahronot im Jüdischen Gemeindehaus in der Berliner Fasanenstraße für den Abend des 31. Januar 2013 angekündigt. Weil der Referent krank war, sprang Richard Herzinger ein, der für DIE WELT Israel im Auge behält.

Eine Freundin, die zu spät kam, bat mich um die Zusammenfassung seiner Thesen. Das tat ich gern, und weil sie sich sehen lassen können, gebe ich sie hier für alle, die es interessiert, mit meinen Worten wieder.

Richard Herzinger hört zu.
Richard Herzinger geht davon aus, dass wir uns weltweit in einer Phase der Säkularisierung befinden, die politischen Widerstand weckt, der sich sakral äußert. Der politische Islam (vulgo Islamismus) ist die aggressivste Form dieses Widerstands gegen den Wandel zu einer offenen Gesellschaft in einer freien Welt.

Das bekommt Israel zu spüren, das ein Teil dieser freien Welt ist, der der islamische Weltkrieg gilt. Die arabischen Revolutionen, von jungen urbanen, säkularen Eliten initiiert, spülen traditionelle, rural verankerte und sakral auftretende Eliten, die Muslimbrüderschaften, an die Macht. Sie sind die Avantgarden dieses Weltkriegs. Seit den den späten 1920-Jahren aktiv, sind sie jetzt, nach 80 Jahren, auf dem Gipfel ihres Einflusses und ihrer Macht.

Israel sieht einer Phase von zehn, zwanzig Jahren entgegen, in der die alte Stabilität autoritär-totalitärer, aber berechenbarer und käuflicher Regimes in seiner Nachbarschaft zerbrochen und eine neue Stabilität noch nicht in Sicht ist. Die Bedrohung, die von diesen Übergangsgesellschaften ausgeht, ist unberechenbar und möglicherweise hoch, aber weniger hoch als die öffentlich ausgesprochene Bedrohung aus dem Iran mit seiner noch intakt totalitären Machtstruktur und seinem offensiv-aggressiven Machtsanspruch.

Im Inneren hat Israel keinen Ansprechpartner mehr. Die Fatah ist bis aufs Mark korrupt und politisch am Ende, weil sie nicht genug Gefolgschaft mit dem warmen Regen aus EU- und US-Mitteln alimentieren kann. Eine eigenständige wirtschaftliche Entwicklung, die ihr Zustimmung über ihre Klientel hinaus eingebracht hätte, ist ihr aus Unfähigkeit und Unwilligkeit nicht gelungen. Mit der Operette des UN-Beobachterstaats konnte sie die Unzufriedenen nicht gewinnen. Das Scheitern der Fatah wird Hamas auch im Westjordanland stärken.

Die Lage in Syrien ist für Israel besonders unerfreulich. Hier tobt inzwischen ein Stellvertretrkrieg zwischen Iran auf der einen und Saudi-Arabien und Katar auf der anderen Seite. Dabei hatte es in Syrien mit friedlichen Protestdemonstrationen der städtischen Jugend angefangen. Erst als Assad dieses Aufbegehren gnadenlos zusammenschießen und später ganze Stadtviertel abtrünniger Bevölkerungsteile bombardieren ließ, kam es zum Bürgerkrieg, der Islamisten aus der ganzen muslimischen Welt anzog und anzieht. Die Appeasementpolitik des Westen könnte ausgehen wie in den 1930er-Jahren: nicht gut.


Mit seinen eigenen Worten hat Richard Herzinger einen Teil der Thesen des Vortrags unter der Überschrift Arabische Verheerungen am 2. Februar 2013 in der WELT veröffentlicht. Empfehlung: Richard Herzinger betreibt selbst ein Blog. Es heißt Freie Welt. Hinweis: Es gibt hier noch mehr Fotos von der Veranstaltung am 31. Januar.
   

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