Sonntag, 11. September 2011

Schadenfreude im Elfenbeinturm – 9/11 in akademischer Sicht

Die Sekunde davor. World Trade Center 1, New York City 2001. Am 11. September, 8.46 Uhr, schlägt eine Boing der American Airlines in die Büros des 96. Stockwerks ein. Die Attentäter tun es im Namen Allahs, des Barmherzigen. Illustration: Skip G. Langkafel © Dr. Rainer Bieling






















   
Heute vor zehn Jahren flogen sie also in die Twin Towers, um uns zu zeigen, dass Allah größer ist als Amerika. Das war eine Heilige Kriegserklärung im Namen des Islams, in dem jeder Moslem sprechen kann. Er muss nur männlich sein. Die jungen Männer in den Flugzeugen sprachen nicht nur, sie handelten im Namen des Barmherzigen. Das ist kein kleiner Unterschied. Das Handeln, das wir am 11. September 2001 am Fernseher live verfolgen konnten, war auch ein Ausweis deutscher Gründlichkeit. Die jungen Araber und Ägypter hatten die Vorzüge unseres steuerfinanzierten, für sie kostenlosen Bildungswesens zu nutzen gewusst und in technischen Studiengängen das deutsche Verständnis von Planung und Präzision gelernt. Was sie damit anfangen würden, ist ihren Kommilitonen und Nachbarn in Hamburg nicht aufgegangen. Als Menschen mit Segregationsvordergrund lebten die muslimischen Studenten in einer Gegengesellschaft, die mit der übrigen Bevölkerung nur die gleiche Zeit und den gleichen Ort teilte.

Vor zehn Jahren war ich tief bestürzt – und bin es heute wieder. Da ist einmal die Islamisierung von Migranten, Menschen in unserer Mitte, die am 11. September 2001 Türken waren und am 11. September 2011 Moslems sind und das auch zeigen. Auf einem Klassenfoto von 2001 werden Sie kein Kopftuch sehen, auf einem von 2011 werden Kopftuchmädchen die Mehrheit bilden – natürlich nicht in Friedrichshain und Prenzlauer Berg, sondern nur an den Schulen, auf die keine deutschen Eltern mehr ihre Kinder schicken. Nicht unter – hinter jedem Tuch steckt ein bekennender Kopf. Die Doppelbewegung von Ideologisierung und Entmischung ist eine Tragödie. Trostlos, dass das kaum einen schert. Das werden Sie am 18. September 2011 daran erkennen, dass die bisherige Regierungspartei, unter deren Augen das geschieht, der Wahlsieger werden wird.

Heute ist es noch ein Zweites, das mich bestürzt: die Islamisierung der Islamwissenschaft. Wo am 11. September 2001 Orientalisten auf deutschen Lehrstühlen saßen, sitzen am 11. September 2011 Islamisten. Islamspezialisten, die nicht müde werden, die tiefe Spiritualität des Islams und seine unendliche Friedfertigkeit zu lobpreisen, die sich so wohltuend von der materialistischen Oberflächlichkeit der Konsumgesellschaft des Westens und der nicht enden wollenden Aggressivität Amerikas und bald mehr noch Israels abhebt. Unter diesen Akademikern gibt es einen, der seine Schadenfreude über 9/11 offen bekennt. Das tut er nicht im stillen Kämmerlein, sondern in der führenden akademischen Fachzeitschrift Die Welt des Islams. Das ist irritierend, besonders auch deshalb, weil diese Zeitschrift sich in den vergangen zehn Jahren mit 9/11 ansonsten nicht beschäftigt hat.
Die Islamforschung ignoriert 9/11.

Diese Information entnehme ich einem Buch, das am 26. August 2011 erschienen ist und die akademische Schadenfreude zum Gegenstand hat: Schadenfreude. Islamforschung und Antisemitismus nach 9/11. Auf 410 Seiten für freundliche 19,90 Euro macht Clemens Heni mit 1109 Quellenbelegen darauf aufmerksam, dass 0911 einen Ideologisierungsschub an unseren Universitäten ausgelöst hat, der auf breiter Front das Wissenwollen durch ein Glaubenwollen ersetzt. Das ist entsetzlich für mich, weil ich gerade wieder anfing, stolz auf meine Freie Universität Berlin zu sein, die es zu unerwarteter Exzellenz gebracht hat. Das ist mir seit 2010 eine Alumni-Mitgliedschaft wert. Eine Veranstaltung mit dem FU-Präsidenten Prof. Dr. Peter-André Alt in der Topographie des Terrors über Hannah Arendt hat mich in der Überzeugung bestärkt, dass die Freie Universität intellektuell wieder ein Teil der freien Welt ist. Doch auch an meiner Universität, lese ich nun, führen Apologeten des Islams das große Wort.

Das Auftreten einer neuen negativen Elite, die der islamischen Welt freundlich und der freien Welt feindlich gesonnen ist, erinnert mich fatal an meine Studienzeit in den 1970er Jahren. Damals waren mehrere Institute meines Fachbereichs 11 Philosophie und Sozialwissenschaften fest in der Hand von Freunden des realen Sozialismus, erbitterten Feinden des American Way of Life. Die Bücher von Karl Popper (Die offene Gesellschaft und Ihre Feinde) und Hannah Arendt (Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft) hatten sie nachdrücklich aus dem Unterricht verbannt. Und das an einer Freien Universität, die mit amerikanischen Geldern als Gegenuniversität zur gleichgeschalteten SED-Uni Unter den Linden aufgebaut worden war. So ähnlich stelle ich mir das intellektuelle Klima an den Lehrstühlen unter der Herrschaft der Freunde des Islams vor. Diese Vorstellung nährt Clemens Heni auf 282 Textseiten mit Hunderten von Belegen, die sich tröstlicherweise nicht nur auf die Berliner Universität beziehen.

Das Hingezogenfühlen von Deutschen zum Islam und zur arabischsprachigen Welt geht auf das Kaiserreich zurück. In seiner 110-seitigen Auswertung der Welt des Islams macht Heni auf die unselige Verquickung von Nationalismus und Nationalsozialismus mit dem Islam aufmerksam. Dessen inhärente Judenverachtung wurde in den späten 1930er und frühen 1940er Jahren mit nationalsozialistischem Vernichtungswillen aufgeladen, und als der Führer sich am 30. April 1945 die Kugel gab, hatte sich sein Moslem-Freund, der Mufti von Jerusalem, schon aus der untergehenden Reichshauptstadt in den Nahen Osten abgesetzt. Die Judenreinheit Europas mochte gescheitert sein, die Endlösung war damit nicht vom Tisch. Der Mufti von Jerusalem und seine Brüder aus Kairo fegten den UNO-Teilungsplan von 1947 vom Tisch und versuchten mit ihrem Vernichtungskrieg von 1948, die Juden ins Meer zu treiben; vergebens. Die Nachfolgeorganisationen aus der Liaison von Mufti und Muslimbrüderschaft im Gazastreifen, im Westjordanland und im Libanon verfolgen die Endlösung bis heute.

Den fanatischen Judenhass unter Muslimen nicht ins Kalkül zu ziehen, ist das niederschmetternde Ergebnis, zu dem Clemens Heni gelangt. Deshalb trägt seine empirische Untersuchung der akademischen Veröffentlichungen und publizistischen Verlautbarungen auch den Untertitel Islamforschung und Antisemitismus. Die Einleitung zu dem Buch ist auf der Internetseite Die Achse des Guten nachzulesen. Das Appeasement der Freunde des Islams, in dem Buch mit zahlreichen Belegen dokumentiert, liest sich wie weiland das Appeasement der Freunde des Sozialismus. Bemerkenswert, dass die friedliebende Sowjetunion und der friedfertige Islam praktisch identische Topoi der Totalitären sind, die an den Universitäten den Ton angaben und an einigen Instituten angeben. Naive Journalisten greifen das auf, naive Politiker lesen es in der Zeitung – diese gängige Informationstransferkette vom Lehrstuhl zur Lösung erklärt die erstaunliche Naivität, mit der Politiker zu Hause Migrationspolitik betreiben und uns in der Ferne blamieren (Libyen) oder unsere Soldaten materiell und ideell unterversorgen (Afghanistan).

Im Kampf um die Köpfe haben die akademischen Islamisten die Nase vorn. Sie haben den Elfenbeinturm verlassen und prägen öffentliche Meinungsbildung und politische Entscheidungsfindung. Nüchtern betrachtet beobachten wir die Formierung einer negativen Elite, für die 9/11 ein Signal der Schadenfreude war. Was die Sowjetunion nicht geschafft hat – die Moslems packen es: Amerika einen schweren Schlag zu versetzen und die freie Welt nachhaltig zu schädigen. 1989 zu einem Nichts degradiert, haben die Freunde des Friedens und des Fortschritts seit 2001 wieder Oberwasser. Das sind nicht mehr die linken Hardliner der 1970er Jahre, es sind die grauhaarige Bio-Bourgeoise der 2000er Jahre und deren Zöglinge, die sich in allen Oppositionsparteien eingerichtet und im öffentlichen Dienst breit gemacht haben. Nach dem erfolgreichen Marsch durch die Institutionen bestimmt die Verschmelzung von alter roter Marktfeindlichkeit und neuer grüner Islamfreundlichkeit den Diskurs, wenn es um Muslime geht. Sie verdienen Solidarität, nicht Amerika. Diese Haltung wird nicht das letzte Wort sein, aber zehn Jahre nach 9/11 hat es das meiste Gewicht.

3 Kommentare:

  1. Sehr geehrter Herr Dr. Bieling,
    sind sie sich immer noch so sicher, dass die jungen Araber zeigen wollten, dass Allah größer ist als Amerika? Inzwischen gibt es genug handfeste Informationen, dass 9/11 ein selbstinszeniertes Fake ist. >>z.B. Dr. Allan
    Sabrovsky, Westpoint Militärakademie (YouTube)
    Sie sollten dann die Frage stellen, was man mit den jungen Arabern gemacht hat, die so schäbig benutzt worden sind und vor allem VON WEM??

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    1. Die meisten haben wenig Gelder und gehen ins Ausland um zu Arbeiten.Die meisten hören auch schlimm, das Sie Ausländer sind und eine dunkle Hautfarbe haben.Sie wollen auuch in Ruhe leben mit den Familie in einer guten Wohnung,Geld für die Kinder für ihre Bildung sparen.Die meisten wollen einfach normal Leben.Idioten gibt es immer.Es gab auch Araber unter den Opfern,Asiaten und andere Nationen.

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  2. Ich finde es falsch zu sagen, jeder ist gleich.Ich habe zwar auch eine andere Vorstellung von einer Gläubigen Person.Vor Allah gibt es aber Idioten, Spinner und Gläubige Menschen.Und die meisten wollten auch nur Arbeiten und zu ihren Familien gehen.

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